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25 Jahre Zusammenarbeit zwischen Brasilien und Argentinien im Nuklearbereich

Freitag 23. September 2016

Am 18. Juli feierten Brasilien und Argentinien den 25. Jahrestag der Unterzeichnung des Guadalajara-Abkommens über die ausschließlich friedliche Nutzung der Kernenergie in ihren Ländern. Das Abkommen sah neben anderen Neuerungen auch die Gründung der Argentinisch-Brasilianischen Agentur zur Bestandsprüfung und Kontrolle nuklearer Materialien (Abacc) vor, der die Überwachung der beiderseitig eingegangenen Verpflichtungen zur ausschließlich friedlichen Nutzung der Kernenergie sowie die Verwaltung des kurz zuvor gegründeten Gemeinsamen Systems zur Bestandsprüfung und Kontrolle nuklearer Materialien obliegt.

Nur wenige Monate später, Ende 1991, unterzeichneten beide Länder ein Vier-Parteien-Abkommen mit der Abacc und der Internationalen Atomenergieorganisation; es war das erste Mal, dass Brasilien und Argentinien mit einer gemeinsamen Delegation mit einer internationalen Organisation verhandelten. In kurzer Zeit wurden wichtige Meilensteine in den bilateralen strategischen Beziehungen erreicht, was ein friedliches Klima, gegenseitiges Vertrauen und enge Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern förderte, die auch heute noch bestehen.

Angesichts der Priorität, die wir dem bilateralen Verhältnis beimessen – einem der Schwerpunkte unserer diplomatischen Aktivitäten – stimmen wir unsere Zusammenarbeit in den verschiedensten Bereichen natürlich eng miteinander ab. Die große Akzeptanz dieses Ziels in unseren Gesellschaften ist zweifelsohne auch der Entscheidung geschuldet, die Kooperation im Bereich der Atomenergie auszubauen.

In den siebziger Jahren verhinderten diverse politische und geschichtliche Faktoren eine Annäherung und erschwerten die Beziehungen zwischen unseren Ländern. Die unterschiedlichen Standpunkte in Bezug auf den Bau der Kraftwerke von Itaipu und Corpus sowie das von den nationalen Nuklearprogrammen geschürte Misstrauen drohten, die gesamte Region in eine Spirale der Unsicherheit zu treiben.

Glücklicherweise eröffnete die Redemokratisierung beider Länder in den achtziger Jahren den Weg zu einem tiefgreifenden Wandel in der gegenseitigen Wahrnehmung und ermöglichte eine umfassende Partnerschaft, die geprägt ist von Zusammenarbeit und Integration. Die Staatspräsidenten José Sarney und Raul Alfonsín spielten hierbei eine entscheidende Rolle, ebenso wie die Entschlossenheit ihrer jeweiligen Nachfolger, diesen Prozess weiterzuführen. Diese Anstrengungen sowie die weitreichende Unterstützung durch Wissenschaftler und Diplomaten beider Länder mündeten schließlich auch in der Gründung der Abacc.

Die Geschichte unserer bilateralen Zusammenarbeit macht es möglich, dass wir uns heute ohne Vorbehalte der technischen und wirtschaftlichen Weiterentwicklung der Atomenergie für ausschließlich friedliche Zwecke und zum Wohle der Gesellschaft widmen können. Brasilien und Argentinien arbeiten nicht nur bei der gegenseitigen Überprüfung der Aktivitäten im Nuklearbereich zusammen, sondern auch bei diversen Gemeinschaftsprojekten zur Ausgestaltung des strategischen Charakters unserer Beziehungen, darunter der Bau des brasilianischen Multifunktionsreaktors sowie des Argentinischen Forschungsreaktors RA-10. Beide Projekte werden gemeinsam vorangetrieben und werden in der Lage sein, den gesamten regionalen Markt mit dem für die Medizintechnik grundlegenden Radioisotop Molybdän-99 zu versorgen.

Darüber hinaus kommt der Nukleartechnik eine fundamentale Rolle bei der nachhaltigen Entwicklung sowie der Verringerung der Abhängigkeit unserer Volkswirtschaften von fossilen Brennstoffen zu.

Mit der Gründung der Abacc und des Gemeinsamen Systems zur Bestandsprüfung und Kontrolle nuklearer Materialien haben unsere Verhandlungsdelegationen eine in einem derart sensiblen Bereich zuvor undenkbare Einigung herbeigeführt und festgelegt, dass argentinische Nuklearanlagen von brasilianischen Inspekteuren überprüft werden und umgekehrt. Seit ihrer Gründung hat die Abacc in enger Zusammenarbeit mit der IAEO über 2500 Kontrollen in beiden Ländern durchgeführt, deren Ergebnisse in Jahresberichten auf ihrer Homepage veröffentlicht werden. Zudem genießt die Abacc heute Beobachterstatus bei den Sitzungen des IAEO-Gouverneursrates.

Das tiefe Vertrauen, das dieser Prozess voraussetzt, sowie sein hoher Grad an Gegenseitigkeit sind nicht nur ein Beleg für die Einzigartigkeit der argentinisch-brasilianischen Beziehungen, sondern auch für ihren wertvollen Beitrag für die Region und die Welt, schließlich handelt es sich um ein ganz wesentliches Abkommen im Bereich der Sicherheit und Nicht-Weiterverbreitung. Diese wertvolle Erfahrung wird heute als Vorbild für die Überwindung von festgefahrenen Situationen in anderen Regionen der Welt herangezogen.

Unsere Erfahrungen mit der Abacc zeigen, dass es möglich ist, mittels der Diplomatie und der Einrichtung wirkungsvoller Institutionen eine neue Qualität des Vertrauens zu schaffen. In der Politik muss man Wagnisse eingehen, um ein noch höheres Gut zu erreichen: den Frieden. Auf Grundlage dieser Strategie und mit unseren friedlichen Absichten werden Brasilien und Argentinien ihre Bande der Freundschaft und Zusammenarbeit weiter stärken – im Nuklearbereich wie auch in allen anderen Bereichen, die zur nachhaltigen Entwicklung unserer Länder und zum Wohl unserer Gesellschaften beitragen.

José Serra ist Außenminister Brasiliens, Susana Malcorra ist Außenministerin Argentiniens

Quelle: Susana Malcorra, José Serra para La Nación

Post date: 23/09/2016